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21. November 2024
©Shutterstock/BalkansCat
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SPNV und Klimaschutz? Das denken die Fahrgäste

rheingold-Studie

Der SPNV ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. Doch sehen das auch die Fahrgäste so? Eine Studie sollte herausfinden, wie regelmäßige Nutzer/innen die Schiene unter Klimaschutzkriterien bewerten. Die Ergebnisse sind eindeutig.

Ohne die Schiene keine Verkehrswende, ohne Verkehrswende kein effektiver Klimaschutz. So simpel diese Gleichung ist, so unklar ist bisher gewesen, ob sich die Menschen in NRW zum Schutz des Klimas bewusst für Fahrten mit Regio- oder S-Bahn entschieden haben. Zwar steigt die Zahl der Fahrten auf der Schiene kontinuierlich , ob die Nutzer/innen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) dies aber vornehmlich aus Klimaschutzgründen tun, war bisher nicht bekannt. Frühere Studien haben herausgefunden, dass sich die Menschen eine klimafreundliche Mobilität und einen Ausbau des ÖPNV wünschen, doch der Ist-Zustand blieb häufig ein Dunkelfeld. Eine Studie des renommierten rheingold Instituts für das SPNV Klimaboard hat das nun ändern wollen. In 24 qualitativen Interviews wurden Nutzer/innen des SPNV aus NRW nach ihren Einstellungen zu ihrer Verkehrsmittelwahl und zum Klimaschutz befragt. 

Das sagen die Expert/innen zur Studie

Judith Barbolini, Meinungsforscherin vom rheingold institut, erklärt im Video die Ergebnisse der Studie. Und sagt, was die Nahverkehrsbranche bei der Kommunikation anders machen muss.

©SPNV Klimaboard NRW

Die wichtigste Erkenntnis aus den Gesprächen: Der SPNV hat noch lange nicht das Image eines Klimaretters – ganz anders also als der Fernverkehr der Deutschen Bahn. Doch warum ist das so? Die Antworten der 24 Probandinnen und Probanden liefern spannende Insights. Zunächst muss festgehalten werden, dass die Wahl des Verkehrsmittels für die befragten Fahrgäste von zwei Hauptfaktoren bestimmt wird: Zuverlässigkeit und Komfort. Der Preis und das Klima sind laut der Befragten erst einmal nebensächlich. 

Blickt man genauer auf die Antworten, zeigt sich, dass der SPNV generell durchaus punkten kann: Das Gefühl „chauffiert“ zu werden, die Fahrzeit für andere Aktivitäten zu nutzen und ein Gefühl von Gemeinschaft werden positiv hervorgehoben. Demgegenüber stehe die Hilflosigkeit, die eintrete, wenn sich eine Verbindung verspätet oder gänzlich ausfällt. Wichtige Reisezeiten und -Ziele seien dann nicht planbar, genau so wenig wie die Mitfahrenden, die einem mitunter „zu nahekommen“ können. Ein prägnanter Satz, den ein Interviewter dazu geäußert hat: „Ich habe meinen Fahrplan im Alltag, die Bahn hat ihren eigenen, aber meiner geht vor.“

„Ich habe meinen Fahrplan im Alltag, die Bahn hat ihren eigenen, aber meiner geht vor.“

Teilnehmender

der rheingold-Studie

Krieg und Inflation rücken Klimaschutz in den Hintergrund

Dazu kommt: Der Klimaschutz rückt als Thema allgemein in den Hintergrund. Angesicht der aktuellen Krisen und der Inflation wird von den Befragten bereits der eigene Alltag als herausfordernd angesehen. Es geht den Interviewten daher primär um die Sicherung alltäglicher Abläufe. Bei typischen Aktivitäten für den Klimaschutz wird der SPNV nur sehr spät oder gar nicht genannt.

Es gibt zudem wenig bis keine Vorstellung dazu, wie und wodurch der SPNV klimafreundlich sei – im Gegensatz zum Fernverkehr mit seinen mit Ökostrom betriebenen ICEs. Dass auch der SPNV schon vorwiegend „grün“ unterwegs ist, ist den Umfrageteilnehmer/innen meist nicht bekannt. Auch gilt der SPNV immer noch als zu kompliziert, bei der Planung des Verkehrsmittels müssten noch immer umständlich mehrere Apps bedient werden. Generell fehle – so die Interviewten – eine Zukunftsvision des SPNV. 

Doch selbst wenn die Klimafreundlichkeit des SPNV bekannt ist, wird von den Befragten nicht häufiger ein- und umgestiegen, solange bestimmte Grundbedingen nicht erfüllt sind. Aktuell verbinden die Interviewten den SPNV nämlich zu häufig noch mit der Vorstellung, sich aufgrund des Klimaschutzes für die Nutzung des SPNV zu entscheiden, bedeute, auf Zuverlässigkeit und Komfort zu verzichten.

Was bedeutet das nun für unsere Gleichung. Kann der SPNV ein noch größerer Teil der Verkehrswende und damit Vorreiter für den Klimaschutz werden?

Die Antwort ist einfach: Ja, wenn es ihm gelingt, die Bedürfnisse der Fahrgäste wieder besser zu bedienen: Verlässlich und sicher von A nach B zu gelangen. Ein großes Grundvertrauen genießt der SPNV nämlich immer noch: So sehen die Umfrageteilnehmenden den SPNV als „Big Player“, als quasi staatliche Institution, die mit ihrem großen Netz die Menschen in NRW verbinde.  Was dem SPNV zudem in die Karten spielt: Von den Interviewten wird begrüßt, wenn sich andere um Klimaschutz kümmern und man selbst nur „aufzuspringen“ braucht. Jede Mitfahrt im SPNV könnte somit ein Engagement für den Klimaschutz sein, für das man nicht selbst aktiv werden muss. 

Zur Studie:

Die Interviews mit den 24 Probandinnen und Probanden fanden zur Hälfte in Person, zur Hälfte als Online-Befragung statt. Unter den Teilnehmer/innen befanden sich 12 Männer und 12 Frauen im Alter zwischen 18 und 67 Jahren. 50 Prozent der Teilnehmer/innen gab an, Pendler/in zu sein, 50 Prozent sagten über sich selbst, dass sie den SPNV regelmäßig nutzen. Alle Teilnehmer/innen kamen aus NRW.     

Quellen und Copyrights

https://www.acatech.de/allgemein/umfrage-mobilitaetsmonitor/

https://www.zukunftsnetzwerk-oepnv.de/aktuelles/news/forsa-umfrage-grosse-mehrheit-fuer-klimafreundliche-mobilitaet

Studie des rheingold Instituts im Auftrag von Fokus Bahn NRW