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3. September 2024

Wie klimafreundlich sind unsere Züge?

Die Nahverkehrsbahnen in NRW setzen auf lokal emissionsfreie Antriebe. 

Der Nahverkehr auf der Schiene wird immer klimafreundlicher: 70 Prozent der Verkehrsleistung werden im SPNV NRW heute schon elektrisch und emissionsarm erbracht. Nach und nach wird der Großteil an Dieseltriebzügen durch Fahrzeuge mit modernen Elektro- oder alternativen Antriebstechnologien ersetzt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick, welche innovativen Fahrzeugtypen im SPNV NRW bereits unterwegs sind oder bald zum Einsatz kommen. 


Elektrotriebwagen Desiro HC RRX
Elektrotriebwagen Desiro HC RRX
Batterieelektrischer Zug Typ Mireo Plus B
Batterieelektrischer Zug Typ Mireo Plus B
Batterieelektrischer Zug Typ Civity
Batterieelektrischer Zug Typ Civity
Brennstoffzellenzug Typ Hydrogen Coradia Lint
Brennstoffzellenzug Typ Hydrogen Coradia Lint

Es gibt sie noch: Dieseltriebzüge fahren im SPNV NRW zurzeit noch auf 49 von insgesamt 104 S-Bahn-, RB- und RE-Linien – im Sauerland ebenso wie im Rurtal, am Niederrhein oder im Münsterland. Aber es sind längst nicht so viele, wie man denken mag. Denn sie sind nur noch auf Strecken mit vergleichsweise wenig Verkehr im Einsatz, erbrachten zuletzt im Jahr 2023 kaum mehr als 31 Millionen Zugkilometer an Fahrleistung. Die elektrisch gefahrenen Zugkilometer waren da mit 70 Millionen auf 55 Linien schon deutlich höher. Insbesondere auf den RRX-Linien und hoch frequentierten Verbindungen in den Ballungsräumen sind ausschließlich Elektrozüge lokal emissionsfrei unterwegs. Sie leisten gut 70 Prozent des Gesamtangebots. 

Elektromobilität auf der Schiene nimmt weiter zu

Ganz klar neigt sich die Ära der Dieseltriebzüge dem Ende zu, je mehr Schienenstrecken elektrifiziert werden. Auf 2.447 von insgesamt 3.927 Netzkilometern sind die Nahverkehrsbahnen in NRW bereits mit Stromantrieb unterwegs. In den nächsten acht Jahren sollen noch einmal 401 Kilometer dazu kommen – u. a. mit der Instandsetzung der drei Eifelstrecken nach der Flutkatastrophe 2021, aber beispielsweise auch mit der Modernisierung und dem Ausbau der Euregiobahn im Aachener Grenzland oder der Regiobahn zwischen Düsseldorf und Wuppertal. Nach den Planungen für die Zielnetze SPNV NRW 2032 und 2040 von derzeit 62,8 erst auf 72 und dann 75 Prozent steigen. Damit wächst der Umweltvorteil der Bahnen ein weiteres Mal: Denn Elektrotriebwagen stoßen beim Fahren keine Abgase mehr aus.  

Gut zu wissen

Schon heute werden im SPNV NRW nur noch vier von insgesamt 17 verschiedenen Lokomotiv- und Triebfahrzeugarten mit Diesel eingesetzt, zwölf haben bereits einen elektrischen Antrieb und ein Fahrzeugtyp – der Stadler GTW auf der Kurhessenbahn von Brilon nach Marburg – ist ein Hybrid mit Elektro- und Dieselmotor.  

Elektrotriebwagen punkten mit nahezu null Emissionen

Elektrotriebwagen werden zumeist über eine Oberleitung mit Strom versorgt. Ihr Motor wandelt elektrische Energie direkt in Bewegungsenergie um. Das macht die Fahrzeuge leise und ermöglicht eine lokal emissionsfreie Fahrt. Ihr Umweltvorteil wird noch größer, wenn sie gänzlich mit erneuerbar erzeugtem Strom fahren. Dann sind die Emissionen praktisch gleich Null.  

Elektrotriebwagen punkten darüber hinaus mit einem enorm hohen Wirkungsgrad. Zumeist können mehr als 90 Prozent der zugeführten Energie in nutzbare Energie umgewandelt werden. Zusätzlich lässt sich die beim Bremsen erzeugte Energie teilweise zurückgewinnen, wieder in das Bahnstromnetz einspeisen und neu nutzen. Elektrotriebwagen sind somit antriebsstark und energieeffizient. Dabei hängt der tatsächliche Energieverbrauch von vielen verschiedenen Faktoren ab, u. a.  von der Topografie einer Strecke, der Linienführung und der Dichte von Haltestellen, aber auch der Länge und dem Gewicht des Fahrzeugs und nicht zuletzt vom Wetter. Außerdem hat die Infrastruktur zur Stromversorgung Einfluss auf den Verbrauch, die Leistungsverluste schwanken je nach Zustand und verwendeter Technik.  

 

Alternative Antriebe bieten Lösungen für Strecken ohne Oberleitung

Anders als Dieselzüge sind Elektrotriebwagen nicht universell einsetzbar, sie brauchen eine aufwändige Infrastruktur mit Oberleitungen oder Stromschienen. Nach den Zielnetzplanungen für den SPNV NRW werden aber nur 75 Prozent der Bahntrassen bis 2040 umfänglich elektrifiziert werden. Für die verbleibenden 25 Prozent gilt es, alternative Lösungen zu finden. Zu aufwändig wären hier die Baumaßnahmen und damit die Folgen für den Betrieb, insbesondere auf Strecken mit anspruchsvollen Steigungen und weiteren topografischen Herausforderungen. Das heißt: Der lokal emissionsfreie Betrieb im SPNV NRW wird nicht ausschließlich über eine Vollelektrifizierung der Strecken, sondern auch über alternative Antriebe erfolgen. Im SPNV werden dies batterieelektrische Züge und Brennstoffzellenzüge sein, die schon ab Dezember nächsten Jahres zum Einsatz kommen und die Dieseltriebzüge nach und nach ersetzen sollen.  

Batterieelektrische Züge

Batterieelektrische Züge sind Elektrotriebwagen, die zusätzlich mit Batterien ausgestattet sind. Damit brauchen sie keine vollumfängliche Oberleitungsladeinfrastruktur, es reichen Elektrifizierungsinseln in und im Umfeld von Bahnhöfen. Voll aufgeladen, können sie längere Strecken ohne Oberleitung elektrisch überbrücken. In Nordrhein-Westfalen wird die Hessische Landesbahn ab Dezember 2025 in einem Pilotprojekt den Einsatz batterieelektrischer Züge vom Typ Mireo Plus B u. a. auf der Regionalbahnlinie RB 90 von Limburg nach Siegen erproben. Auf der 115 Kilometer langen Strecke fahren die Züge circa 75 Kilometer ohne Fahrdraht und sollen auf dem Teilabschnitt zwischen Au und Siegen nachgeladen werden. Gleichzeitig sollen die Linien RE 44, RB 31 und RB 36 im Niederrhein-​Münsterland-Netz mit batterieelektrischen Triebfahrzeugen namens Civity BEMU den Betrieb aufnehmen. Und auch auf den reaktivierten Strecken von Münster nach Verl sollen ab 2027 batterieelektrische Züge fahren. 

Brennstoffzellenzüge

Brennstoffzellenbasierte Züge kommen gänzlich ohne Oberleitungsinfrastruktur aus und nutzen möglichst grünen Wasserstoff für die Energiegewinnung. Dabei wandelt die Brennstoffzelle über eine elektrochemische Reaktion den Wasserstoff zu Strom. Die ersten 17 Triebzüge dieser Art sollen voraussichtlich ab Ende 2026 im "Netz Düren" auf den Strecken von Rurtal- und Eifel-Bördebahn die Dieselzüge ersetzen und rund 1,4 Millionen Kilometer Fahrleistung pro Jahr abdecken. Angetrieben werden die klimaneutralen Züge mit grünem Wasserstoff, der am Brainergy Park in Jülich produziert wird. 

Schritt für Schritt zu lokal emissionsfreien Antrieben

Schon bis 2027 werden Dieselzüge mit einer Fahrleistung von 10,9 Millionen Zugkilometern auf 13 SPNV-Linien in NRW durch Elektrotriebwagen sowie batterieelektrische Züge (BEMU) oder Brennstoffzellenzüge (HEMU) ersetzt.